Sonntag, 27. Januar 2013

Reflektion über mein Verhältnis zu Videospielen heute... - Tagebuch vom 5.3.2012

...oder ein Abschiedsbrief an ein altes Hobby?

Seit ich vor etlichen Jahren im Internet aktiv wurde und mit Beruf und Fortbildungen allerhand um die Ohren hatte, kam das exzessive Zocken glücklicherweise für einige Jahre zum Erliegen. Jahre später, auf die 30 zugehend, habe ich aber gewaltige Mühe, wieder den Einstieg zu finden und mich für die Next-Generation zu begeistern. Ich erzähle warum, damit man mir auf meine Präferenzen hin Spielevorschläge geben kann und ihr mich eventuell nachvollziehen könnt - vielleicht bin ich ja doch nicht alleine? 


Ich war noch nie der Leistungsspieler, hatte damals schon mehr Freude daran, alles (z.B. im Herrenhaus) so gründlich es ging und ohne Zeitdruck auf Items und stroyrelevante Dinge zu untersuchen, genieße (z.B. in Secret of Evermore) lieber die Atmosphäre, knacke gerne Rätsel, ein paar leichte Kämpfe zur Abrundung sind auch ganz okay. Alles ruhig, kompakt und vom Rahmen her überschaubar. Klassische Action-Adventure, Action, Fun-/Sportspiele (SSX) und klassiche RPGs bildeten mein bevorzugtes Genre. Action ersetze ich heute lieber mit reinen Adventures. Shooter und alles in diese Richtung waren dagegen schon immer tabu, null Chance.
Ab der PS2 hat meine Begeisterungsfähigkeit zunehmend nachgelassen, nachdem Fortsetzungen wie MGS2, SH2, FFX mich inhaltlich enttäuscht haben. Mit den ganzen Fortsetzungen wurde auch nichts neues mehr geboten. Besonders in Tekken heißt es jetzt: kennt man einen Teil, kennt man alle. Mega Man, Gran Turismo,... - irgendwann kennt man alles im Prinzip. Da ist es ganz normal, denke ich, dass die Begeisterungsfähigkeit nachlässt. Ihr glaubt nicht, wie überrascht ich war, als ich in Code Veronica den ersten Zombie auf der Insel traf (im Gegensatz zu RE1).

Dennoch habe ich das Hobby nie abgeschrieben, suchte und fand auch noch einige Ausnahmetitel, die mich ab der Zeit noch richtig fesseln konnten. Beispiel: Metroid Prime 1 (der Ausnahmeshooter für mich - Teil 2 war mir wieder viel zu schwer), Zelda TP, SSX3, Heavy Rain, auch Tomb Raider Underworld war noch okay. Der Anteil an Kämpfen war da für mich passend, für Fans dafür zu wenig. Für die PS3 finde ich nun seit ein paar Jahren aber fast keine interessanten Titel mehr für mich. Auf zwei Dinge lege ich grundlegenden Wert. 


Erstens:
Aufmachung für ein Ü-30-Publikum. Also keine oberkrassen, protzigen Checker-Poser-Typen wie hier: > obligatorischer Schulterblick - das meine ich mit Zielpublikum "männlich, 16-25". Auch bitte keinen Proleten-Dante (damals habe ich Devil May Cry noch mit Begeisterung gespielt!), erst Recht keine Bayonetta, auch keine übertrieben aufgepimpten Orks wie in WoW. Lieber authentisch gestaltete Menschen wie hier: > Abenteurer, > Detektiv, > Familienvater.



Zweitens:
Es soll nicht zu schwer sein und lieber nur wenig Action und Geballer (auch wenn's langweilig klingt^^). Wie oben schon erwähnt bevorzuge ich Atmosphäre, spannende Story/Plot, Rätsel, Erkundungsmöglichkeiten ohne Zeitdruck oder Ablenkung, gerne auch freie Welten, aber alles im Überschaubaren. Leider wurden Spielewelten jedoch immer gigantischer, komplexer und umfangreicher (mind. optisch). Für jemanden, der buchstäblich jeden einzelnen Stein umdreht und nur 1-2 Stunden pro Woche spielt, ist so eine Welt nichts. Ein wenig Fantasy kann auch okay sein, wenn es originell und anspruchsvoll ist und nicht primär an diese Zielgruppe "männlich, 16-25" gerichtet ist.
Wenn schon gekämpft wird, dann nicht ständig unter Zeitdruck, nicht mit dauernden Verfolgungsjagden, nicht mit unendlich nachrückenden Gegnern und lieber einem Autoziel-/Lock-System wie in Zelda TP oder RE1. Mann, bin ich wählerisch, ich weiß ;-).

- Nun die Überlegung, was da für mich passen könnte. Die meisten MMORPGs reizen mich nicht so sehr. Fast alle sind vom Grundaufbau her gleich, das stört mich. Und FF hat sich zu sehr verändert, so dass ich lieber Teil 6-9 im Herzen treu bleibe. GW und Dragon Age hätten mich schon interessiert. Aus Zeitgründen muss ich da leider passen. Vor allem wegen der Suchtgefahr. Und Beat'em'ups und Rennspiele sind so weit ausgelutscht für mich.
- Da wäre dann Uncharted 3 und L.A. Noire, das für mich wegen der reiferen Aufmachung vielversprechend wirkte. Die Titel versprechen eigentlich nicht zu viel. Uncharted fängt, abgesehen von ersten Schlägereien und Verfolgungsjagden, wie ein Tomb Raider an mit langen Strecken zum Erforschen und Kletter-Rätseln. Doch dann tauchten immer wieder und immer mehr Busse mit schießwütigen Agenten auf. Ich, an 2D-Steuerungen ohne Joystick noch gewohnt, bin da schon überfordert und treffe nicht mal einen Agenten auf 2-5 Meter Entfernung im freien Schussfeld vor mir. Das frustriert dann natürlich. Ansonsten gebe ich dem Spiel trotzdem eine 2. L.A. Noire ist wie ein GTA; mit einer Steuerung, die ich nicht für meine Gewohnheiten umstellen kann. Es ist beim Autofahren und der Joystik-Einstellung, als müsste ich einen Aufsatz mit links schreiben. Mit dem Schiessen tue ich mich da sowieso schon schwer.
- Dann kam der nächste langersehnte, vielversprechende Titel ins Haus: SSX 4. Die Aufmachung ist richtig geil und versprach zunächst viel. Doch jetzt bin ich schwer enttäuscht, weil sie mir den Freeride-Modus genommen haben und eine Funktion, um wieder auf die Strecke zu kommen, ersetzt haben. Was daran so schlimm ist, wenn das Spiel doch sonst viel Neues bietet? Es ist halt so, dass ich lieber zum Entspannen gezockt habe, fast nur im Freeride, einfach abschalten, die Piste runter, Tunnelblick, Schneerausch, hier und da was Einsammeln oder am Rande mal ein Rennen. Es war so, als wenn ich jederzeit im Freibad ein leeres Becken zum Relaxen für mich hatte und die Seele baumeln lassen konnte. Doch jetzt ist jedes Becken nur für Rennen und Meisterschaften offen, kein Nichtschwimmerbecken mehr für mich, um wenigstens vorher gründlich zu trainieren.

Das ist der Punkt, den viele Spieleentwickler heute vernachlässigen: wenn ich von vornherein in einem Rennen (oder Verfolgungsjagd), sei es auch nur in einem einzelnen Areal, Vollgas geben soll, kann ich doch gar nicht erst mal in Ruhe die ganze Umgebung oder Strecke kennen lernen. Da werden Spiele technisch so brillant entwickelt, die Studios und Firmen immer größer und professioneller, und dann kann man das gar nicht alles inspizieren und im Detail schätzen.
Zudem ist es in SSX4 schwerer und gefährlicher geworden, muss sich Gadgets und Panzerungen zum Überleben zulegen und generell auf immer mehr Dinge achten. Spiele werden mir generell irgendwie zu komplex. Schon in MGS3 merkte ich: wenn ein Spiel zu realistisch in den Anforderungen wird, macht es keinen Spaß mehr (MGS3 habe ich daher schon im 1. Level aufgegeben. Es reichte mir schon, dass man sich in MGS2 um die "Abfallbeseitigung" von Soldaten kümmern muss).

Ich begriff an dieser Stelle, dass ich in einem Zwiespalt stecke. Einerseits habe ich Spielgewohnheiten hinsichtlich der Tastenbelegungen und Controller (z.B. Pfeiltasten statt Joystick, Autozielmodus, 2D) aus den 90ern eingebrannt, andererseits haben sich meine Ansprüche und Geschmäcker so weit geändert, dass ich Spiele für Ü30-Spieler suche. Glaubt ihr, es gibt noch ein Spiel, das mich begeistern kann? Hat jemand Ideen? Gibt es irgendwen, dem es ähnlich geht? Dann bitte Hand hoch! Es wäre beruhigend, wenn ich nicht der einzige "Abtrünnige" bin. Wenn nicht, glaube ich schon neue Hobbies gefunden zu haben. :-)

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