Sonntag, 27. Januar 2013

Für unsere Kinder nur das Beste! - Kopie vom 19.9.2012

  • Vorgeschichte 1:
    Vor einiger Zeit kamen in den Nachrichten erschreckende Berichte über die Grausamkeiten eines Schulbusfahrers in der Region. Es kam zu einem Eklat, zu einem Aufruhr in der Region. Der Busfahrer hatte zwei Erstklässler eine Haltestelle zu spät aussteigen lassen, 10 Km entfernt im Nachbardorf. Und das mit der profanen Ausrede, dass die Schulkinder nicht auf den "Bitte halten"-Knopf gedrückt hätten. Die völlig verstörten und schluchzenden Kinder mussten von den Eltern daraufhin abgeholt und psychologisch betreut werden. Den Busfahrer freilich erwarten nun rechtliche Konsequenzen. Man prüfe sorgfältig, was gegen ihn vorgebracht werden kann. 

    -> So viel zu den berichteten Fakten. Die armen Kinder! Meine Gedanken sind bei ihnen. Der Busfahrer dürfte froh sein können, dass ihm dies nicht in den USA passiert ist. Denn dort hätte er nicht nur seinen Posten verloren, sondern hätte sicher Schmerzensgeld zahlen müssen, da die Kinder für den Rest des Lebens unter dem Trauma zu leben hätten. Dazu Behandlungskosten und die entgangenen Löhne wegen Berufsunfähigkeit, etc.

    Was mich dann irgendwie nachdenklich stimmte, war in den Tagen ein Nachrichtenbericht, der diesem Busfahrerbericht direkt folgte. Die Polizei führte bundesweit Verkehrskontrollen durch, bei denen sie feststellte, dass ein erheblicher Teil der Eltern ihre Kinder, die sie zur Schule brachten und abholten, nicht vorschriftsmäßig sicherten bzw. anschnallten oder gar die Tempolimits und Verkehrsregeln (Parkverbote bei Feuerwehreinfahrten an Schulen) nicht einhielten.

    -> So viel zu den berichteten Fakten. Eine Empörung darüber blieb hingegen aus. (...)

    Nun, ist ja auch logisch. Wenn jemand die Schuld für etwas trifft, dann in der Regel die anderen. Wenn irgendwo ein Stau ist, sind die anderen um einen herum dafür die Ursache. Wenn irgendwo zu viele Menschenmassen sich gegenseitig erdrücken, sind die Planer des Events dafür der Grund, nicht die Menschen. Sich selbst nimmt man heutzutage aus der Verantwortung und der Mündigkeit heraus und betrachtet sich isoliert von der gesamten Kausalität; als freies, privilegiertes Individuum und nicht als Teil der Masse.


  • Vorgeschichte 2:
    Wo wir gerade beim Verkehr sind: Der Stadtverkehr hat, wie der gesamte Verkehr, vor allem durch die individuelle Motorisierung sehr stark zugenommen, was seit Jahren jedem bekannt sein dürfte. In der Infrastruktur kommt es überall zu Problemen und Herausforderungen. Der morgendliche Stadtverkehr besteht Berichten zufolge zu einem Großteil aus den Eltern, die ihre Kinder zur Schule bringen.
    Der ADAC, einige Zeitungen und andere Medienformate warnten vor gut zwei Jahren davor, Kinder überall mit dem Auto hinzubringen und abzuholen. Denn dies würde den Kindern nie mit der Region vertraut machen, nicht mit den Gefahren und Regeln des Verkehrs vertraut machen und sie sprichwörtlich zu sehr in Watte packen. Doch Eltern halten oft mit dem Argument dagegen, dass der Stadtverkehr durch diese starke Zunahme zu gefährlich für ihre Kinder geworden sei. Ich erlebe immer wieder, dass Kinder sogar für nur 500 Meter mit dem Elterntaxi chauffiert werden.

    Es scheint mir schon eine besondere, gar selten anzutreffende zerebrale Leistung zu sein, hierin einen Widersprich zu erkennen. Wenn Eltern wollen, dass der Verkehr nicht mehr so stark und gefährlich ist, wäre es dann nicht ein Gegenschritt, seine Kinder mit dem Schulbus oder dem Fahrrad zur Schule zu schicken, wie es in meiner Kindheit selbstverständlich war? Dann muss man auch nicht die Feuerwehrzufahrten vor Schulen zuparken, um sein Kind möglichst vor dem Klassenzimmer abzusetzen. So ist es doch eher wie ein Teufelskreis. Diese Unlogik sehe ich ähnlich parallel hierbei: > Meme.

  • Vorgeschichte 3:
    Die Entwicklung medizinischer Versorgung und hygienischer und gesundheitlicher Standards (in Supermärkten, Wirtschaft, Beruf, Gastronomie, zuhause) der letzten 60 Jahre ist bemerkenswert und erfreulich. Viele Krankheiten gingen zurück, lassen sich besser behandeln und die Lebenserwartung ist gestiegen, hipp hipp hurra.
    Demgegenüber verzeichnen Krankenkassen mehr Stress bedingte Krankheiten und Autoimmunkrankheiten. Letztere haben nicht nur auf dem Papier zugenommen, sondern auch real und medizinisch diagnostizierbar. Allergien sind die bekanntesten Vertreter, auch diverse chronische Krankheiten gehören dazu. In den letzten Jahren widmete sich die Forschung der Ursache dieser Autoimmunkrankheiten.
    Das Prinzip dahinter ist: das Immunsystem bekämpft den eigenen Körper. Immer deutlicher wurde der hohe Hygienestandard als Ursache für diese Art Amoklauf des Immunsystems. Es gilt als erwiesen, dass Kinder, die auf dem Land aufwuchsen, so gut wie nie Allergien bekommen. Man ist dem genauen Auslöser dahinter schon nah auf der Spur und weiß, dass es ein Stoff ist, den man in Schweine- und Kuhställen findet. Ich stelle mir das Immunsystem wie eine Firewall vor, das man mit Informationen füttern bzw. programmieren muss. Erhält es zu wenig Input, sucht es sich eigenständig etwas Neues zu bekämpfen.

    Weiter will ich das Medizinische nicht vertiefen, da ich ja für gewöhnlich über soziologische und philosophische Hintergründe schreibe. Mich beschäftigt in dem Zusammenhang, wie ich die Einstellung vieler moderner Eltern erlebe. Eltern, die es sicherlich nur zu gut mit ihren Kindern meinen, ihnen damit aber letztlich doch keinen Gefallen erweisen, wenn sie ihre Kinder vor allen Gefahren in der Natur beschützen wollen, indem sie sie davor verbannen. Ein Kind muss in der Natur, im Dreck spielen! Es muss die Gefahren erkunden und quasi durch "trial und error" lernen. Unser Gehirn lernt am besten wie beim Anfassen der heissen Herdplatte nach dem Motto: "Jedes Aua macht schlauer". - Damit will ich aber nicht sagen, dass man vor der heissen Herdplatte nicht warnen soll und die Aufsichtspflicht vernachlässigen sollte. Nicht, dass man mir nachher was Falsches unterstellt  ;-).


Ich könnte mit Geschichten dieser Art fortfahren. Doch warum habe ich einige Absätze bisher so klein geschrieben? Weil ich den Eindruck habe, dass man solche Ansichten heutzutage nicht überall laut sagen sollte. Besonders, wenn es um Erziehung geht, scheint Kritik an dem Schmusekurs der heutigen Pädagogik, besser gesagt an der Anwendung in mancher elterlichen Praxis, ein rotes Tuch zu sein. Meine Kritik dazu betrifft zum einen die materielle Verwöhntheit und zum anderen die pädagogischen Samthandschuhe, die die Kinder in Watte packen.
Der materielle Überfluss in unserer Gesellschaft zog sich als einer meiner geläufigen Aspekte wie ein roter Faden durch meine letzten Blogs und diverse Beiträge. So zum Beispiel auch hier: > Bild 1, > Bild 2.
 

Ich denke, diese Bilder spiegeln, wenn auch zum Teil übertrieben, im Prinzip meine Botschaft wider, so dass ich mir meinen Kommentar dazu erspare.
Zur immateriellen Verwöhntheit mache ich es mir ebenfalls einfach und verlinke einen Artikel, den ich gestern fand. Der Autor spricht mir einfach aus der Seele und sagt im Grunde schon alles: 

  > Besser eine schlechte Kindheit, als gar nicht erwachsen werden
Ihr könnt euch den Artikel übrigens auch anhören. Auch hier sagt ein Bild wieder mehr als tausend Worte: > Bild 3.
 
Meine Eltern, die mir schon manches Mal in meiner Kindheit eine leichte Ohrfeige verpasst haben, gehören dagegen nach Ansichten einiger bisheriger Gesprächspartner ins Gefängnis (und das nicht bloß so daher gesagt). Die EU hat das Schlagen von Kindern in der Tat unter Strafe gestellt. Das ist auch gut so! Ich bin kein Verfechter der körperlichen Züchtigung in Schulen oder daheim. Mit zu viel Strenge schießt man ebenfalls über das gewollte Ziel hinaus. Wenn aber ein ganz leichter Klapps auf den Hintern schon in der heutigen Anwendung der Gesetze zu einer Anzeige der Eltern führen kann, verstehe ich die Welt nicht mehr. Gilt dann nicht ebenso ein freundschaftlicher Klapps auf die Schulter als Gewalttat (von der Intention mal abgesehen)? Schon das Lautwerden gegenüber dem Kinde gilt heute als verpönt. Oftmals ist dies vielleicht ein Zeichen von Unbeherrschtheit und pädagogischer Einfallslosigkeit, aber ist es deswegen automatisch und ausnahmslos in jeder Situation und in jeder Form unangebracht?

Ich und viele andere Menschen der älteren Generation stehen auf mal als grausame und barbarische Monster oder Rabeneltern da. Einige Eltern scheinen Angst davor zu haben, gleiches Schicksal zu erleiden und geben deshalb alles, um ja nicht als schlechte Eltern dazustehen. Einige trauen sich wohl nicht, gegen den Strom zu schwimmen und damit schlimmstenfalls als altmodische und schlechte Eltern geächtet zu werden. Es schlich sich eine latente Angst unter die Bevölkerung davor, zu viel Strenge in der Erziehung zu zeigen und das Kind nicht angemessen zu versorgen (materiell, hygienisch, medizinisch, sozial). Eltern wollen letztlich das Beste für ihre Kinder und übersehen dabei, dass zu viel Gutes und zu wenig Strenge den Kindern dabei eher schaden kann. Gegenteiliges gibt es ja leider, wie man oft hört und liest, auch zur Genüge.




Update:

> Sinkende Geburtenzahlen

"Berufstätige Frauen entscheiden sich demnach lieber gegen als für Kinder - weil sie befürchten müssen, als Rabenmutter verunglimpft zu werden. Paare leben lieber ein entspanntes Leben mit vielen Hobbys, als entnervt um Krippenplätze rangeln zu müssen. Die Folge ist, dass die Wiegen leer bleiben."
Eben diese Angst habe ich auch im Blog erwähnt. Wenn die Krippen die Erziehung nicht unterstützen oder andere Pädagogen nicht helfen oder Seminare geben, dann lieber keine Kinder? Traut sich heute niemand mehr, eigenständig Verantwortung zu tragen?
Sind die heutigen jungen Chefs denn auch, in Analogie dazu, nicht mehr fähig, alleine ein Unternehmen zu führen und müssen deshalb ominöse Unternehmensberatergruppen oder alterfahrene Mitarbeiter als heimliche Soufleure konsultieren? Nun gut, was die Kinderzahlen angeht, so kann es mich ja nur freuen. Es gibt ohnehin zu viele Menschen auf der Welt. Da sind die sozialen Kassen das kleinere Problem.

1 Kommentar:

  1. http://www.mopo.de/nachrichten/grundschule-in-harburg-wutbrief-einer-lehrerin---ich-schaeme-mich-fuer-die-kinder--,5067140,25673384,item,0.html

    Genau das wird immer häufiger eintreten. Solche Lehrerbriefe haben (auch auf der SZ) zugenommen. So lange Strenge ein Tabu bleibt, wird man mit der heutigen Kuschelpädagogik nichts daran ändern. Verteufelt mich doch für meine Ansicht, aber ich weiß, dass ich Recht habe.
    Unter Umständen, je nach Kind und Fall, kann, nein MUSS, Autoritätsachtung, Disziplin und Respekt auch gelehrt werden. Mit bloßen Repressionen im Materiellen oder Argumenten und Liebe alleine werden Kinder uns in der heutigen Zeit nicht ernst nehmen können. Das versteht sich eigentlich von selbst.

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