Sonntag, 27. Januar 2013

Die Staaten und der Umweltschutz - ein Kommentar zum Rio de Janeiro-Gipfel - Kopie vom 20.6.2012

Wenn ich regelmäßig Nachrichten lese, kriege ich manchmal ein Grummeln im Bauch. Da seien zum Beispiel Merkels Aushebelung der Demokratie für eine marktorientierte Weltwirtschaftspolitik an den Parlamenten vorbei (erneut wurde sie vom Bundesverfassungsgericht dafür gerügt), die Stellung der Ratingagenturen, Banken, Börse, Lobbies, die ständigen Amnestien für die USA, Politik zugunsten der Wohlhabenderen und nicht zuletzt die angebliche Umweltpolitik, die gar keine ist.
Man liest vom bevorstehenden Nachhaltigkeitsgipfel in Rio de Janeiro. Alles schon unterzeichnet, ja natürlich, wir schützen ja alle die Umwelt, wir geloben, sie noch mehr zu schützen und Umwelt und Wachstum in Einklang zu bringen ("grünes Wachstum" - erkennt an dieser Stelle bereits jemand einen nicht vereinbaren Widerspruch?), unterzeichnen und fertig der Wisch. Zurück zur Wirtschaftskriese! Man kann das alles wohl als eine Farce bezeichnen, als eine abgehalfterte Posse zur Beschwichtigung der Ökoheinis, die wohl die wirklichen Prioritäten der Menschheit verkennen - oder so in etwa.


Seit Jahrzehnten des westlichen Wohlstands ist Wachstum eine unantastbare Grundvoraussetzung geworden, die scheinbar nicht in Frage gestellt werden darf. Viele Ökonomen zweifeln nicht daran, dass grenzenloses Wachstum möglich ist, seit es von einigen früheren Ökonomen propagiert wurde. Die gegenwärtigen Effizienz-Bestrebungen der Green Economy können das vermeintliche, prophezeite Ende* irgendwie immer weiter hinauszögern, so dass man sich dem Anschein nach nicht weiter sorgen muss. Auch die Konsistenz-Strategie tut ihr Übriges mit Rückbauen und Recycling, um mehr Wachstum... pardon, mehr Umweltschutz zu gewährleisten. Und die Suffizienz-... bitte was? Was ist denn das wieder?

Seit Jahrzehnten, in denen der Erfolg der Weltwirtschaft auf unsere freie Marktwirtschaft und Demokratie zurückgeführt wird, erschöpft sich der Umweltschutz hingegen praktisch in der Effizienz- und Konsistenz-Strategie - soweit es für Firmen erschwinglich ist -, in CO2-Zertifikatehandel und noch einigen lustigen Projekten, die nichts als plakativer Image-Aktionismus sind.
Wenn es auf politischem Paket und in den Medien ernsthaft um Natur geht, wird in die Atmosphäre geschaut, zum Ozonloch, zu den parts per million an Treibhausgasen, Emissionen, Umweltplaketten, Bio- und Ökosiegeln auf neuen und besseren Produkten, die es allein deshalb wert sind, sie zu kaufen.

Seit Jahrzehnten, in denen Kapitalismus und Neoliberalismus vorherrschen, wird erfolgreich indoktriniert, Wachstum sei mit Umweltzielen vereinbar und lasse sich in dem drei Säulen-Modell aus Wirtschaft, Sozialem und Umwelt unterbringen. Denn die Umweltingenieure, Umwelttechniker, das Prinzip der Nachhaltigkeit, regenerative Energien und die ganzen Ökoprodukte und Klimaabkommen werden es schon richten.
Doch was ist mit der Umwelt unter der Atmosphäre, mit der Natur auf unserer Erde? Da lautet seit Jahrzehnten die Devise: wir schützen diese Umwelt freilich auch - zumindest soweit wir sie übrig lassen! In welchem Maß wir diese nicht verplanen und verbauen, spielt hingegen keine Rolle. Und genau da liegt der Hund begraben. Welche Natur wollen wir noch schützen, wenn im Zuge des Wachstums alles zugebaut oder in der Landschaft zerschnitten wird?


Ständiges Wachstum durch Wirtschaft und Bevölkerung geht zwangsläufig auch mit regionalem Expandieren einher; Rückbauen ist nämlich eine unzureichende und unwirtschaftliche Scheinlösung. Wenn man sich die Flächennutzungspläne seiner Region oder seines Bundeslandes ansieht und mal recherchiert, in welchem Tempo neue Flächen zugebaut werden und in den letzten Jahrzehnten wurden, wird man mein dominierendes Anliegen an diesem Thema sicher verstehen (Stichwort: Grünflächenschwund).
Und vielleicht wird man auch zu begreifen anfangen, dass unendliches Wachstum auf einem Planeten mit endlicher Fläche, endlichem Raum der Atmosphäre, endlichen Ressourcen und auch endlicher Physiologie der regenerativen Energien grundsätzlich unmöglich ist. Ich persönlich bezweifle sogar, dass endloses Wachstum in der Wirtschafts- und Sozialpolitik möglich ist.

Also, vielleicht doch diesen sonderbaren Suffizienz-Ansatz von oben in Erwägung ziehen? Ist es nicht eher sonderbar, dass dieser Begriff unter den drei genannten, zusammenhängenden Ansätzen am wenigsten kursiert? Ist vielleicht ein System des Gleichgewichts statt des Wachstums ebenso möglich, mit bestenfalls qualitativem Wachstum? Einige Ökonomen und Philosophen gibt es doch, die derartige Theorien vertreten (Stichworte: Wachstumsrücknahme, Décroissance, Club of Rome, Green New Deal, etc.).

Vielleicht, aber auch nur vielleicht, bringen Umweltgipfel mehr, wenn man in der Gesellschaft vorher mal etwas alternativer über die wahren Probleme und Ursachen nachdenkt und seitens der hiesigen Volksmedien entsprechend über Hintergründe und Zusammenhänge aufklärt. Wahrscheinlicher aber erhofft man sich mehr Resultate, wenn die Wirtschaft wieder läuft und Zeit und Etat für andere Felder am Rande übrig ist...


* Ich möchte noch anmerken, dass ich nicht zu den Apokalyptikern gehöre, die von einem großen "Knall" reden, an dem alles an seine Grenzen stößt und irgendwie auf einmal zusammenbricht und die Menschheit untergeht. Man sieht ja aktuell an Griechenland, dass auch trotz einer eingetretenen Krise irgendwie weitergelebt wird.




Update:

Und wieder ein völlig sinnfreier Klimagipfel. Dieses Mal in Katar. Ich denke, es ist unnötig, das ganze nun noch hoffnungsvoll aufzublähen. Die meisten Menschen haben sicherlich keine Hoffnung mehr in diese Gipfel. Merkel geht es dabei insgeheim sowieso nur um die Verteidigung des Export-Weltmeistertitels in der Welt mit grünen Technologien. Denn vor allem aus China ist die Konkurrenz viel zu groß. Ich behaupte sogar, dass uns China und bald auch Japan auf dem Feld überholen. Doch mit Umweltschutz hat das nur marginal zu tun.

Weshalb ich hier aber wieder was schreibe, ist vor allem ein interessanter Artikel, den ich aus der Zeitung letzter Woche eingescannt habe. Ich dachte immer, ich sei der einzige, der sich mit wachstumskritischen Sichtweisen und Pro-Suffizienz-Prioritäten den Mund fusselig redet (bzw. schreibt). Dass dem nicht so ist, zeigt der folgende Artikel, der wie aus meiner Feder geschrieben scheint. Zumindest an meinem Bildschirm kann man die Schrift lesen^^.




Noch ein paar Karikaturen:





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