Sonntag, 27. Januar 2013

Fronten der Subkulturen: Nerds und Hipster - Tagebuch vom 5.12.2012

Der Großteil der Leute, die sich Geeks, Freaks oder Nerds schimpfen, sind gar keine. In meinen Augen jedenfalls nicht. Häufig sehe ich auf den Bildern zu diesen Profilen stattdessen anstrebende Model in Messebabeaufmachung oder in ziemlich prallen und üppigen Cosplay-Fetzen.
Damals waren wir mit unserem Gameboy, Sega, NES oder SNES noch eine Randgruppe, heute ist diese Unterhaltungsbranche eine der größten überhaupt und hat TV und DVD angeblich längst überholt. Moderne Heimspiele-Hochleistungskomputer mit Headset, riesigen Internetnetzwerkgemeinden und 3D-Actionwelten stehen doch in jedem zweiten Haushalt von jungen Menschen. Wenn man ein Freak in einer Sache sein will, muss man sich da nicht auch exzessiv und fast ausschließlich mit dieser Sache beschäftigen?
Wie die Definition dessen auch sei. Ein gefragtes Erotikcosplaymodel wird wohl kaum in diese Sparte fallen. Vielmehr denke ich beim Lesen dieser Selbsttitulierung immer an Mimikry; also sich mit fremden Federn schmücken, um sich in diesem Fall damit eine gewisse Amnestie für seine freizügige und, klassisch formuliert, frivole Luderaufmachung zu verschaffen. Und natürlich, um sich bei derartigem Zielpublikum mit Sympathie zu verkaufen. Darüber scheint hier und da im Netz ein Konflikt zu entstehen: 


> Fake Geek Girls? (Ich habe das Video nicht richtig geschaut, nur aus dem Zusammenhang rauskopiert.)


Zitat von jemanden auf Facebook:

"I hate people calling others fakes. I happens in all subcultures. Comments like "you're not goth enough", or "you're just faking geekdom for attention" and it happens all over. These are just people that are so damn pretentious they feel they need to kick others down to keep themselves all high and mighty. This video is great, and it's good to hear that hypocrite being called out on his dumbf**kery."

Irgendwie erscheint es mir nun albern und kindisch. Ich muss den Kommentatoren schon Recht geben. Rational stimme ich denen zu. Emotional bin ich hingegen immer noch etwas parteiisch.
Auch wenn meine obige Einstellung zu harsch formuliert ist, soll das hier kein (Gegen-)Angriff darstellen. Nur eine Klarstellung stellvertretend eines Denklagers. Und da ich es sonst auch lächerlich finde, über so etwas zu streiten (ich mag das Cosplay-Kram von den Leuten ja auch!), schreibe ich hier nur für mich bzw. im kleinen Rahmen dieses Forums, was mir dazu spontan und philosophisch betrachtet durch den Kopf ging. Wie immer in der Hoffnung, dass es Menschen gibt, die mich beim Lesen dieses Beitrages verstehen :-).


Gedankenauszug
:

Verehrte Menschen von der Sonnenseite des Lebens!*
Wir, die in Schulzeiten von euch Schönen, Coolen und Beliebten zumeist ausgegrenzt wurden, hatten seit jeher immer Verständigungsprobleme; Mühe, uns zu definieren und uns nachvollziehbar zu machen, was wir sind und warum wir so sind, wie wir sind. Lange Zeit der Reflexion beanspruchte es manchmal, einen Begriff bzw. eine Bezeichnung zu finden, die uns in genau jenen Eigenschaften kollektiv beschreibt, die dafür verantwortlich sind, dass wir ausgegrenzt wurden. Bezogen auf die Schulzeit beispielsweise das Aussehen; später im Erwachsenenleben die Ausstrahlung und die durch dauernde Ausgrenzung fehlende soziale Kompetenz.

Wir sind froh, wenn wir einen Begriff für unsereins gefunden haben, unter dem wir uns vereinigt fühlen und uns beim Namen nennen können, um in Gesprächen für Klarheit zu sorgen, was gemeint ist. Doch wenn ihr, die in diese Rolle, gleich ob "Geek", "Freak" oder "Nerd", nun mal GAR nicht passt, euch in diese Rolle reinmogelt, getarnt mit Statussymbolen und Modeaccessoires nach dem Mimikry-Prinzip, dann höhlt ihr diese Begriffe aus und verzerrt ihre Bedeutung, mit der wir uns identifizieren konnten. Das führt nicht nur zu Missverständnissen. Es gibt anderen Leuten den Eindruck, dass ein Freak, Nerd, Geek oder was auch immer, ebenfalls Attribute hat, die ausreichend sind, leicht Anschluss in der Gesellschaft zu finden.
Dabei mussten wir uns bisher schon mit genügend zwar prinzipiell richtigen, aber dennoch verständnislosen Vorwürfen konfrontiert sehen. Dieses Mimikry hilft wenig dem Verstehen um unsere Positionen. Macht euch nichts vor hinsichtlich der Gründe, die dafür sorgten, dass ihr und wir auf unterschiedlichen Seiten des Schulhofes standen. Ich fange doch auch nicht an, trotz meiner nicht vorhandenen Maltalente mich als Picasso zu bezeichnen oder umgekehrt trotz eines großartigen Rechtschreibtalentes* mich als Legastheniker zu bezeichnen. Wenn mir derartiges nun viele Menschen gleichtäten, wie stünden dann wie wahren Legastheniker da? Denkt mal darüber nach!

Mit freundlichem Gruß
 


* Ich habe mich nur in diese Rollenzuweisung eingeordnet, um gezielt über diese Aspekte zweier ausgesuchter Standpunkte schreiben zu können. * Ein überragendes Talent fiel mir an dieser Stelle nicht ein, weshalb das ausgesuchte Talent nur irgendein Beispiel ist.



Schlussfolgerung:
Es ist für beide Seiten unter den Erwachsenen Zeit, sich versöhnlicher zu zeigen. Sonst verhärten sich auf beiden Seiten die Intoleranz und überall flammen "Flame-Battles" auf 9GAG und FB auf.
Das muss ich mir besonders zu Herzen zu nehmen, weil ich seit einiger Zeit schon feststelle, dass ich mit meiner Gesellschaftskritik zu unausgewogen bin. Ich sollte als Kritiker ab jetzt mal Urlaub machen! Und im nächsten Jahr mache ich dann mit neuen Vorsätzen meinen privaten Blog auf, vermöge meiner noch unausgereiften html-Kenntnisse.



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