Sonntag, 27. Januar 2013

Alltagsfrust von der Seele - Tagebuch vom 7.12.2011

Ich bin derzeit auch froh, wieder in der Gesellschaft zu weilen nach den 6 Jahren Isolation im Ruhrgebiet. Ich hatte aus wirtschaftlicher Sicht alles, was man braucht: ein Gehalt, das sehr weit über dem Durschnitt lag, einen noblen Schlitten, eine feine Wohnung in (zu) ruhiger Lage, einen unbefrsiteten Arbeitsvertrag mit stabiler Position, die ich bis zur Rente vermutlich behalten hätte. Leider aber auch keinen Ausblick auf Abwechslung, neuen Erfahrungen, privater Integration und nichts, worauf ich sonst auf zunehmende Fließbandansprüche zurückblicken konnte.
Ein neues Kapitel ist nun aufgeschlagen und ich stecke nach gut einem Jahrzehnt als Arbeiter nun im Universitätsalltag - in der Hoffnung, mehr berufliche Perspektiven zu erlangen, meinen Idealen zum Umweltschutz nachjagen zu können, mich mehr unter gleichgesinnten, jungen Menschen integrieren zu können und mich persönlich und qualifikationstechnisch bereichnern zu können. Es befriedigt zum einen ein inneres, menschliches Bedürfnis. Doch zugleich ist das Bedürfnis nach sozialer Distanz, gerade heute, wieder mal zu berechtigt (hach ja, die zwei Seiten in mir).


Ich muss hier echt gerade mal den Wutuser spielen und Frust auf unsere Gesellschaft ablassen. Unsere Kultur erscheint mir im internationalen Vergleich ...so im Mittelfeld. Im Vergleich zur japanischen Kultur, wie ich glaube, sehr primitiv und geistig weit unterlegen. Nach einem semiwissenschaftlichen Magazin sollen Japaner das intelligenteste Volk sein. Auch die Fähigkeit sich in vielerlei Hinsicht unterzuordnen, sich zu disziplinieren und zu konzentrieren ist dort bemerkenswert.

Disziplin ist etwas, was mir seit Studienbeginn durch den Kopf geht. Ich erkenne den Stellenwert dieser Disziplin oft im Alltag. Ebenso oft auch das Fehlen dieser. Spricht man sich für solche Werte aus, wird man auch noch verspottet (diese Reaktion ist bei bestimmten Menschen schon berechenbar). Die meisten scheinen nicht mal in der Lage zu sein, sich länger als eine Stunde auf etwas zu konzentrieren. Ich gebe zu, dass es mir bei komplexer Thematik auch ab einer Stunde schwer fällt. Dennoch bleibe ich leise und versuche immer noch so viel zu verstehen, wie es geht. Es ist katastrophal, wie lange am Stück eine Vorlesung mit lauten Witzen und Gesprächen von manchen Leuten gestört werden kann. Und die Bitte nach Rücksicht voll ignoriert wird.

 

Nicht nur auf diese speziellen Alltagssituationen kann ich diesen vermutlich generationsbedingten Disziplinmangel beziehen. Es fängt für mich schon da an, wenn eine Trulla in der Straßenbahn nicht eine einzige Minute bis zum Aussteigen mit dem Anzünden ihrer Zigarette warten kann. Schon in solchen Kleinigkeiten zeigt sich das Fehlen von Disziplin. Oder da, mit der Herde bei Rot über die Ampel zu latschen (stört mich ja nicht, aber da fehlt mir der psychologische Mechanismus im Zusammenhang mit der Bedeutung von Disziplin auf). Oder erst mal Leute aus der Straßenbahn aussteigen lassen, bevor man selber einsteigt, wie wäre das? Die Regel kennt kaum einer mehr. > Das < hier kommt wahrscheinlich auch nicht aus Deutschland. Wir wären zu doof dafür^^.
Keiner denkt mehr über sein Handeln mit und überlässt jede Eigenverantwortung irgendwelchen Stadtplanern, Behörden und Politikern. In der Hinsicht sind wir so träge wie die Menschen in dem Film Wall-E.
Darum sehen wir auch nicht ein, selber auf unnötig massiven Konsum und Wohlstand zu verzichten, obwohl wir uns über die vielen Weltprobleme beklagen, die ja eine Folge unserer Lebensweise sind. Auch hier könnte ich Kurven zu anderen Themen schlagen. ...

Sei es, wie es sei. Hin und wieder tun Menschen auch mir ganz gut, aber auf Dauer machen sie mich wahnsinnig! Selbst das alleinige Lernen klappt insgesamt, bis auf ein paar Ausnahmen, bei mir grundsätzlich besser als mit anderen. Da entstehen mehr Ehrgeiz, weniger Ablenkung und die Angst, stofflich den Anschluss zu verlieren - in der Gruppe zieht mich bislang immer die schlechtere Lernmoral runter. Und obwohl ich alleine lerne (oder gerade deshalb) bin ich stofflich meistens weiter als andere in meinen Gruppen und Veranstaltungen. 


Anmerkung: Verzeiht, wenn ich wieder mal so überstreng klinge. Mittwochs ist es in meinem Alltag am schlimmsten. Da muss ich in Mathe stundenlang respektlose junge Menschen ertragen, die nur Schei** labern und massivst meinen Erfolg behindern (und auch den Anderer). Das macht mich total aggressiv. Nicht nur mich, auch unseren Matheprof, der letztens mal das Mikro weglegte und abbrechen wollte. Darum musste ich mich jetzt mal im Tagebuch auslassen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen