Montag, 23. Dezember 2013

Sozialer Druck und Rollenerwartungen

Heute Morgen im Halbschlaf sinnierte ich über ein anderes Wort, das ich diesem Thema hier noch beifügen kann und mit einer Bedeutung füllen möchte: Rollenerwartungen.
So wie man den sozialen Druck als Teil seiner Gesellschaft empfindet, um sich integrieren zu können oder zur akzeptiert zu werden, so hat man analog dazu einen spezifischeren Druck in einer bestimmten Rolle innerhalb der Gesellschaft, die es in gewissen Maße zu erfüllen gilt, um akzeptiert und integriert zu sein. Ich bleibe im Folgenden beim Beispiel Geschlecht. Da kann jeder mitreden.

Als sozialen Druck kann man eine Art von Gruppenzwang am Beispiel der Smartphones, Facebook, WhatsApp, Hobbies, Musik/Subkultur sehen. Noch unspezifischer ist bspw. die Teilnahme an Vereinsleben, Gruppen, etc. um sich integrieren zu können. Die soziale Integrität als Voraussetzung für Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist einer der wichtigsten Schlüssel zum Erfolg (privat wie beruflich) und Bedingungen zum Glück im Leben. Die Fähigkeit, dieses Ziel zu erreichen, wird von all denen, die sie haben, in der Regel völlig unterschätzt, da sie als selbstverständlich empfunden wird (etwas, das bei jeder Form von Verwöhntheit der Fall ist). Wie wenig Möglichkeiten, wie viele Benachteiligungen und Einschränkungen man im Privaten und teilweise auch auf dem Jobmarkt ohne die Fähigkeit hat, Bindungen und Beziehungen aufzubauen oder zu besitzen, merkt man schließlich erst vollends, wenn man sie über viele Jahre nicht besitzt.

Die Rollenerwartung hingegen als eine spezifischere Voraussetzung für Integrität läuft auf das soziologische Stichwort Uniformität hinaus. Ein gewisses Maß ist für Gemeinschaften unausweichlich. Viele als mehrheitlich positiv wahrgenommene Merkmale der Gruppe, der man angehört, gehören dazu. Eines der allerdeutlichsten Beispiele ist das Fußballinteresse der Männer (auch wenn zwischen den Geschlechtern sich viele Schranken ein wenig gelockert haben). Ich glaube, es gibt nur wenige Männer, die aus rein eigenem, wahrem Interesse sich für Fußball interessieren. Wie viele haben nur durch sozialen Druck oder Rollenerwartung damit angefangen? Ähnlich ist es mit dem Bier- und dem mit Männlichkeitsgehabe geschmückten Fleischkonsum, mit dem man schon von Kind auf erzogen und geprägt wird.
Manchmal ist man sich diesem Einfluss bewusst, wenn man eigentlich ganz anders denkt und sich nur unter Alkoholeinfluss und Einfluss der Psychologie der Massen als Mitläufer anders zeigt als sonst. In der Regel aber ist man sich dem Einfluss der Rollenerwartungen auf sein Leben und Denken gar nicht bewusst. Wir können intrinsisches (von innen heraus und vollständig unbedingt) und extrinsisches (durch Außenwelt beeinflusst) Interesse kaum unterscheiden. Schon als Kind begriff ich, dass ca. 3/4 unserer Entscheidungen unbewusst gefällt oder beeinflusst werden. Ich lernte irgendwann, dass es eine Art Schutzmechanismus in uns gibt, der uns sogar vorgaukelt, dass viele dieser unbewussten Entscheidungen rein rational und völlig selbstbestimmt von uns gefällt worden seien.


Das neue an dieser Erkenntnis ist ein Bezug zu den Gender-Themen, mit denen ich mich ja gerne beschäftige. Ich begriff, dass man dem anderen Geschlecht mehr Vorteile ansieht, als da tatsächlich sind. Selbst von den (meiner Meinung nach höchst naiven) Femme-Bloggern und Journalistinnen dieses Feldes. Die können mit vielen schönen lateinischen oder englischen Modefremdwörtern um sich werfen, die sie gelernt und verstanden haben, aber nicht selber völlig unabhängig und gründlich reflektiert haben. Auf deren Artikeln lese ich von angeblichen Vorteilen und Freiheiten, die ich angeblich als Mann habe, die ich selber aber nie wirklich wahrnehmen konnte.
Viele dieser vermeintlichen Freiheiten sind für einen selbst oftmals mehr Rollenerwartungen, die in der Praxis den Entfaltungsfreiraum mehr einschränken, als Außenstehende sich vorstellen. Wohl kaum im Einzelnen, sondern summa summarum. Je weniger typische Eigenschaften man erfüllt und stattdessen Eigenschaften einer entgegengesetzten Gruppe (äußerlich wie auch im Verhalten und Lebensweise) zeigt, umso geringer die Wahrscheinlichkeit, vom Umfeld akzeptiert zu werden. Was jeweils typisch ist, ist allerdings zum Teil abhängig von Zeit und Umfeld. Die Toleranzgrenzen sind von Schicht zu Schicht und Mileu zu Mileu natürlich auch individuell. Und Ausnahmen... ja, ihr wißt ja: in der Soziologie geht es nie um Determinismen, sondern um Wahrscheinlichkeiten ;-).


Glücklich deshalb jene, die von Natur aus und intrinsisch die Wesenszüge, den Modegeschmack, das Aussehen, die Ausstrahlung und die Freizeitinteressen besitzen, die am meisten akzeptiert oder gar begehrt werden! Es gilt schließlich Angebot und Nachfrage.
Ich glaube, das Angebot ist durch social media und durch stark frequentierte Universitäten stärker gewachsen als die Nachfrage. Wer aus 150 Pokemon sich die zwei besten raussuchen kann, stellt höhere Ansprüche, als wer nur aus 10 Pokemon aussuchen kann - behaupte ich mal.