Heute Morgen im Halbschlaf sinnierte ich über ein anderes Wort, das ich
diesem Thema hier noch beifügen kann und mit einer Bedeutung füllen
möchte: Rollenerwartungen.
So wie man den sozialen Druck als Teil seiner Gesellschaft empfindet, um
sich integrieren zu können oder zur akzeptiert zu werden, so hat man
analog dazu einen spezifischeren Druck in einer bestimmten Rolle
innerhalb der Gesellschaft, die es in gewissen Maße zu erfüllen gilt, um
akzeptiert und integriert zu sein. Ich bleibe im Folgenden beim
Beispiel Geschlecht. Da kann jeder mitreden.
Als sozialen Druck kann man eine Art von Gruppenzwang am Beispiel
der Smartphones, Facebook, WhatsApp, Hobbies, Musik/Subkultur sehen.
Noch unspezifischer ist bspw. die Teilnahme an Vereinsleben, Gruppen,
etc. um sich integrieren zu können. Die soziale Integrität als
Voraussetzung für Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist einer der
wichtigsten Schlüssel zum Erfolg (privat wie beruflich) und Bedingungen
zum Glück im Leben. Die Fähigkeit, dieses Ziel zu erreichen, wird von
all denen, die sie haben, in der Regel völlig unterschätzt, da sie als
selbstverständlich empfunden wird (etwas, das bei jeder Form von
Verwöhntheit der Fall ist). Wie wenig Möglichkeiten, wie viele
Benachteiligungen und Einschränkungen man im Privaten und teilweise auch
auf dem Jobmarkt ohne die Fähigkeit hat, Bindungen und Beziehungen
aufzubauen oder zu besitzen, merkt man schließlich erst vollends, wenn
man sie über viele Jahre nicht besitzt.
Die Rollenerwartung hingegen als eine spezifischere Voraussetzung für Integrität läuft auf das soziologische Stichwort Uniformität hinaus.
Ein gewisses Maß ist für Gemeinschaften unausweichlich. Viele als
mehrheitlich positiv wahrgenommene Merkmale der Gruppe, der man
angehört, gehören dazu. Eines der allerdeutlichsten Beispiele ist das
Fußballinteresse der Männer (auch wenn zwischen den Geschlechtern sich
viele Schranken ein wenig gelockert haben). Ich glaube, es gibt nur
wenige Männer, die aus rein eigenem, wahrem Interesse sich für Fußball
interessieren. Wie viele haben nur durch sozialen Druck oder
Rollenerwartung damit angefangen? Ähnlich ist es mit dem Bier- und dem
mit Männlichkeitsgehabe geschmückten Fleischkonsum, mit dem man schon
von Kind auf erzogen und geprägt wird.
Manchmal ist man sich diesem Einfluss bewusst, wenn man eigentlich ganz
anders denkt und sich nur unter Alkoholeinfluss und Einfluss der
Psychologie der Massen als Mitläufer anders zeigt als sonst. In der
Regel aber ist man sich dem Einfluss der Rollenerwartungen auf sein
Leben und Denken gar nicht bewusst. Wir können intrinsisches (von innen heraus und vollständig unbedingt) und extrinsisches (durch
Außenwelt beeinflusst) Interesse kaum unterscheiden. Schon als Kind
begriff ich, dass ca. 3/4 unserer Entscheidungen unbewusst gefällt oder
beeinflusst werden. Ich lernte irgendwann, dass es eine Art
Schutzmechanismus in uns gibt, der uns sogar vorgaukelt, dass viele
dieser unbewussten Entscheidungen rein rational und völlig
selbstbestimmt von uns gefällt worden seien.
Das neue an dieser Erkenntnis ist ein Bezug zu den Gender-Themen, mit
denen ich mich ja gerne beschäftige. Ich begriff, dass man dem anderen
Geschlecht mehr Vorteile ansieht, als da tatsächlich sind. Selbst von
den (meiner Meinung nach höchst naiven) Femme-Bloggern und
Journalistinnen dieses Feldes. Die können mit vielen schönen
lateinischen oder englischen Modefremdwörtern um sich werfen, die sie
gelernt und verstanden haben, aber nicht selber völlig unabhängig und
gründlich reflektiert haben. Auf deren Artikeln lese ich von angeblichen
Vorteilen und Freiheiten, die ich angeblich als Mann habe, die ich
selber aber nie wirklich wahrnehmen konnte.
Viele dieser vermeintlichen Freiheiten sind für einen selbst oftmals
mehr Rollenerwartungen, die in der Praxis den Entfaltungsfreiraum mehr
einschränken, als Außenstehende sich vorstellen. Wohl kaum im Einzelnen,
sondern summa summarum. Je weniger typische Eigenschaften man erfüllt
und stattdessen Eigenschaften einer entgegengesetzten Gruppe (äußerlich
wie auch im Verhalten und Lebensweise) zeigt, umso geringer die
Wahrscheinlichkeit, vom Umfeld akzeptiert zu werden. Was jeweils typisch
ist, ist allerdings zum Teil abhängig von Zeit und Umfeld. Die
Toleranzgrenzen sind von Schicht zu Schicht und Mileu zu Mileu
natürlich auch individuell. Und Ausnahmen... ja, ihr wißt ja: in der
Soziologie geht es nie um Determinismen, sondern um Wahrscheinlichkeiten ;-).
Glücklich deshalb jene, die von Natur aus und intrinsisch die
Wesenszüge, den Modegeschmack, das Aussehen, die Ausstrahlung und die
Freizeitinteressen besitzen, die am meisten akzeptiert oder gar begehrt
werden! Es gilt schließlich Angebot und Nachfrage.
Ich glaube, das Angebot ist durch social media und durch stark
frequentierte Universitäten stärker gewachsen als die Nachfrage. Wer aus
150 Pokemon sich die zwei besten raussuchen kann, stellt höhere
Ansprüche, als wer nur aus 10 Pokemon aussuchen kann - behaupte ich mal.
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